Ziele der Gestaltung sind bei dieser Fragestellung die Gesundheit und Unversehrtheit des Menschen (-> Aufwand).
Ziel der Gestaltung ist bei dieser Fragestellung eine hohe Produktivität und
Zuverlässigkeit des Menschen (-> Nutzen).
Entsprechend der einleitend genannten Ziele der Ergonomie sollte für beide Fragestellungen
immer noch auch das Bedürfnis des Menschen nach einer "hohen" Arbeits-Zufriedenheit berücksichtigt werden. Nach den Ergebnissen vieler, bisher durchgeführter Untersuchungen
zur Ermittlung von Einflussgrößen auf die Arbeitszufriedenheit kann man heute
zusammenfassend feststellen, dass kein einfacher, nur monokausaler Zusammenhang
zwischen Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitszufriedenheit besteht
[vgl. z. B. Ulich].
Ergonomische Beurteilung
Dafür gilt die ergonomische Regel, dass die Beanspruchung
bei einer gegebenen Belastung umso höher sein muss, je geringer die zur Verfügung
stehenden Fähigkeiten oder Fertigkeiten der arbeitenden Person sind, um die
Belastung zu ertragen. Eine Beanspruchung wäre dann "nicht mehr vertretbar",
wenn sie so hoch wird, dass auf die Dauer mit einer Beeinträchtigung der Gesundheit
gerechnet werden muss. Dieser Fall kann beispielsweise für das regelmäßige, berufsbedingte
Heben und Tragen von schweren Lasten eintreten (Luttmann
u. a.).Mit Anwendung der ergonomischen Regel ergeben sich verschiedene Möglichkeiten,
für diesen Fall eine vertretbare Beanspruchung und damit begrenzte Gefährdung
sicherzustellen (vgl. z. B. Bongwald u. a. sowie Lastenhandhabungsverordnung). Entweder werden die zu bewegenden
Massen (Gewichte) begrenzt (was einer Begrenzung der Belastung entsprechen würde)
oder durch den Einsatz leistungsfähigerer Arbeitspersonen könnten auch größere
Lasten noch mit vertretbarer Beanspruchung manipuliert werden (in der Praxis
entspräche dies dem Einsatz von "gut trainierten" jungen Männern für den manuellen
Lastenumschlag).
Nach diesem Konzept lassen sich auch komplexere Zusammenhänge
anschaulich beschreiben. Beispielsweise würde jede Verbesserung der körperlichen
Leistungsfähigkeit durch Training, einer Verbesserung der Eigenschaften entsprechen,
was für eine gegebene Belastung zu einer Reduzierung der Bean-spruchung führen
muss. Andererseits müssen mögliche Alterseffekte (Veränderung der Muskelkraft
oder der Fähigkeiten der Sinnesorgane) danach zu einer Erhöhung der Beanspruchung
führen. Für beide Fälle wurde die Belastung in ihrer Höhe als unverändert angenommen,
damit müsste der betriebliche Nutzen ( = Arbeitsergebnis) trotz unterschiedlichen
Aufwands (Beanspruchung) eigentlich gleich bleiben.
Als Grundlage für die ergonomische Beurteilung von Arbeitsbedingungen hat sich
ein stufenweises Vorgehen bewährt, beispielsweise lässt sich ein stufenweises
Vorgehen nach folgenden Kriterien und Fragen empfehlen:
1. Stufe
Kriterien: Ausführbarkeit und Gefährdung
Ergonomische Fragestellung: Ist die Arbeit ausführbar und gefährdungsarm?
2. Stufe
Kriterien: Ermüdung und Erträglichkeit
Ergonomische Fragestellung: Ist die Ausführung ermüdungsarm und deshalb auch
bei täglicher Wiederholung auf Dauer erträglich?
3. Stufe
Kriterien: Arbeitsproduktivität und Qualität
Ergonomische
Fragestellung: Welches Arbeitsergebnis kann vom Menschen fehlerfrei erbracht werden?
4. Stufe
Kriterien: Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz
Ergonomische Fragestellung: Sind Verordnungen des staatlichen Arbeitsschutzes
und sonstige zutreffende Regeln beachtet?
5. Stufe
Kriterien: Zumutbarkeit und Zufriedenheit
Ergonomische Fragestellung: Sind die Bedingungen der Arbeit dem Menschen zumutbar
und stellt ihn seine Arbeit zufrieden?
Zur Überprüfung, ob eine Arbeit "ergonomisch" gestaltet ist, beginnt man nach diesem Konzept der Beurteilung mit der Frage, ob der Mensch
überhaupt in der Lage ist, die von ihm verlangte Arbeit auszuführen. So wäre
beispielsweise eine Arbeit nicht ausführbar, wenn die Reichweite der Arme zu
gering ist, um eine bestimmte Stelle zu erreichen. Auch die Begrenzung der dem
Menschen zur Verfügung stehenden Kräfte oder die Begrenzung der Fähigkeiten
seiner Sinnesorgane kann ein Grund dafür sein, dass eine Arbeit nicht ausführbar
ist. Mit der Überprüfung der Ausführbarkeit einer Arbeits-aufgabe muss gleichzeitig
überprüft werden, ob die Arbeit auch gefährdungsarm ist. Eine Arbeit gilt schließlich
als erträglich, wenn sie nicht nur ohne Gefährdung der Gesundheit regelmäßig
ausgeführt werden kann sondern dabei auch die Ermüdung gering bleibt. Erträglichkeit
bedeutet also nicht nur gefährdungsarme, kurzfristige Ausführbarkeit sondern
Ausführbarkeit ohne Beeinträchtigung über die Dauer des ganzen Arbeitstages
unter der Annahme täglicher Wiederholung.
Nach der Diskussion der dem Menschen möglichen Produktivität muss Arbeit schließlich
stets auch noch danach beurteilt werden, ob die Arbeitsaufgabe zumutbar ist.
Zur Beantwortung dieser Frage sollte man davon ausgehen, dass eine Arbeit nur
dann als zumutbar gelten kann, wenn die arbeitende Person diese selbst als zumutbar
empfindet. Fragen der Zumutbarkeit werden allerdings häufig durch gesetzliche
oder tarifvertragliche Regelungen einer allgemeinen Diskussion entzogen. Ein
Beispiel hierzu sind alle Regelungen zur Dauer der täglichen oder wöchentlichen
Arbeitszeit (Arbeitszeitgesetz).
Bei gesetzlichen Regelungen zur Zumutbarkeit überwiegt im allgemeinen der Gedanke,
den Menschen vor eine Gefährdung durch Arbeitsbedingungen zu schützen. Man spricht
deshalb auch vom "staatlichen Arbeitsschutz" wie er beispielsweise im Arbeitsschutzgesetz erkennbar ist. Der Gesetzgeber wird sich
zwar an ergonomisch begründeten Überlegungen zur Erträglichkeit orientieren,
bei den meisten Regelungen handelt es sich jedoch um Setzungen. Unabhängig davon liegt letztlich die Entscheidung
über die Zumutbarkeit von Arbeitsbedingungen immer bei der arbeitenden Person
selbst. Es ist deshalb möglich, dass in Ausnahmefällen auch als nicht erträglich
anzusehende Arbeits-bedingungen noch als zumutbar akzeptiert werden können (z.
B. beim Bau eines Hauses in "Eigenarbeit" oder beim Einsatz der freiwilligen
Feuerwehr). Andererseits können auch Arbeits-bedingungen als unzumutbar empfunden
werden, die nach ergonomischer Erkenntnis als erträglich gelten.
Zumutbarkeit setzt jedoch noch nicht voraus, dass die entsprechenden Arbeitsbedingungen
auch zufriedenstellend sind. Die Berücksichtigung von Zumutbarkeit entspricht
gewissermaßen nur der Erfüllung einer gesellschaftlichen Minimalforderung für
eine menschengerechte Gestaltung. Auch für die Frage nach der Zufriedenheit
gilt, dass Arbeitsbedingungen nur dann als zufrieden stellend bezeichnet werden
können, wenn die jeweils arbeitende Person mit ihrer Tätigkeit wirklich zufrieden
ist. Allgemein sollte man davon ausgehen, dass die Überprüfung
der Zumutbarkeit von Arbeitsbedingungen weniger zu den Aufgaben der Ergonomie
gehört, als vielmehr zu den Aufgaben der Sozialpsychologie und Soziologie.
Schlussfolgerungen
Aufbauend auf dem Begriff der Ergonomie in seiner historischen Deutung sowie
seinem gegenwärtigen Verständnis bietet die Anwendung der Grundlagen der Ergonomie
neue, bisher nur wenig genutzte Möglichkeiten für die Gestaltung von Arbeitsbedingungen.
Im Gegensatz zu einem ursprünglich eher "retrospektiv" orientierten und korrektiven
"Arbeitsschutz" ermöglicht die Nutzung "ergonomischer Erkenntnisse" heute eine
dynamische und prospektive Gestaltung auch im Sinne eines "kontinuierlichen
Verbesserungsprozesses". Durch Umsetzung dieser Idee einer "prospektiven
Ergonomie" (Laurig) bietet sich den Unternehmen die Chance, nicht nur Beeinträchtigungen
der Gesundheit zu minimieren sondern auch Produktivität und Qualität zu verbessern (vgl. z. B. Landau).
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